Projekt Morpheus Part 1: Restrukturieren, Reorganisieren, Recyclen
- Benjamin Nagl
- 7. Aug. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Die "Morpheus", ehemals genannt "Pottwal" ist ein 1954 im ehemaligen DDR-Gebiet gebauter Fischtrawler. Diese Klasse wurde zuvor zum Walfang eingesetzt. 2020 hat Paul sich das Schiff im Harburger Hafen in Hamburg gekauft und mit dessen Restoration begonnen. Der Name wurde auf "Morpheus", den griechischen Gott der Träume geändert, da er es als unmoralisch empfunden hat, ein Schiff nach seiner Beute (Pottwal) zu taufen.

Bei meiner Ankunft werde ich mit einem kleinen Boot von Theo, einem jungen Franzosen, abgeholt, der bereits 2 Tage auf dem Schiff verbracht hat. Barfuss gibt mir Theo eine Tour durch das Schiff, das einer Mischung aus Kunstprojekt und Baustelle gleicht. Von der Zigarrenlounge über die Küche mit Esszimmer über die Jammingnische über den alten Radio, der mit Erde gefüllt ist, aus der Pflanzen wachsen - so gut wie alles auf diesem Schiff wirkt improvisiert, gefertigt aus Materialien, die andere weggeworfen oder für wertlos empfunden haben. Von der ersten Sekunde an weiß ich - das ist genau der richtige Ort für mich!
Zwei Stunden nach meiner Ankunft bekommen wir von einem Fischer am Pier frisch gefangene Fische geschenkt, die Theo und ich ausweiden und auf den Deckgrill (gemacht aus einem aufgeflexten Auspuffrohr) schmeißen - einfach köstlich! Was für ein Willkommensgeschenk!

Die folgenden Tage wird auf dem Boot gekocht, Deck geschrubbt, gepinselt, gereinigt, entspannt und sich vor allem Kleinprojekt nach Kleinprojekt gewidmet - dazu später mehr. Die Freizeit nutze ich dazu, zu planen, wie es nach Projekt Morpheus für mich weitergeht. Die Frachtschiff Idee tritt immer noch auf der Stelle. Jeder, der etwas mit Seefahrt zu tun hat meint, ich müsste erst einmal Erfahrung sammeln. Fair enough! Ich melde mich also bei meinen Bekanntschaften aus Cuxhaven, um ein Angebot für den Job auf der Cuxhaven-Helgoland Fähre weiterzuverfolgen. Eine gute Möglichkeit, einmal etwas Geld zu machen und Seeluft zu schnuppern! Schnell ist das geklärt, und ich soll nächsten Montag mal in Cuxhaven vorbeischauen, um Details festzulegen.
Sonntag besuchen wir Hanns, einen erfahrenen alten Seebären und guten Freund Pauls. Er gibt uns eine Führung über sein Schiff, die Sea-Eye. Es ist ein Schiff des gleichen Modells wie die Morpheus, allerdings noch im Originalzustand. Nach der kommerziellen Fischerei in früheren Jahren wurde die Sea-Eye zuletzt als Rettungsboot für Flüchtlinge im Mittelmeer eingesetzt. Im Ruhestand angekommen kümmert sich nun Hanns um sie, und erhält sie als Museumsschiff.

Das Schiff allein ist interessant, aber die Geschichten, die Hanns zum Besten geben kann sind mehr als das. Vom Segeln auf traditionellen Schiffen, über den Atlantik wie zu Zeiten der Besiedelung Nordamerikas, bis zur Restaurierung von diversen Schiffen - dieser Mann weiß wovon er redet! Speziell für mich ist dies wohl die beste Person, die mir begegnen konnte - unter anderem erzählt er von Seas Your Future, einem Charity Unternehmen, an dem er lange mitgewirkt hat. Mit zwei Segelschiffen veranstaltet Seas Your Future regelmäßig Törns mit Schülern, wo sie über die Umwelt, das Meer und die Seglerei lernen sollen. Okay, also etwas wo ich die Seefahrt tatsächlich mit meiner wissenschaftlich-chemischen Ausbildung verbinden könnte? Hanns und ich sind sich einig - das ist das Projekt, wo ich hingehöre, und wenn ich nur mal als Voluntär anfange! Das "Vorstellungsgespräch" in Cuxhaven sage ich direkt ab, meine Entscheidung ist sofort getroffen. Das Gespräch mit dem Verantwortlichen für Seas Your Future stellt mir mal in Aussicht, dass ich dort gerne anfangen kann - und das weitaus höher als Voluntär - dazu jedoch mehr, sobald das ganze fixiert ist!
Aus Gründen der Länge eines einzelnen Posts, werde ich einmal nicht viel näher auf die Avontuur eingehen. Es ist ein Cargo-Segelschiff, das carbon-neutral trading in die Karibik anbietet, und zufällig genau neben der Sea-Eye liegt - das wird aber natürlich für Zukunftspläne auch mal abgespeichert!

Das Leben auf der Morpheus die kommenden Tage fühlt sich erfrischend anders an. Ein leichter Outlaw bzw Aussteiger Vibe, während uns es aber prinzipiell an nichts mangelt. Abends haben wir so gut wie jeden Tag Besuch von Couchsurfern, Locals oder Leuten der Hafencommunity - der Spirit des Projektes wirkt anziehend! Das Ausmaß meines Aufenthalts auf der Morpheus lässt sich in einem Post leider nicht einfangen, aber zum Abschluss von diesem gibt es eine kleine Führung. Sorry an alle Deutschsprachigen Fans, aber da ich inzwischen einen für meine Leute zuhause unglaublich witziges Hochdeutsch spreche, flüchte ich mich zu diesem Zweck einfach ins Englisch!
Fortsetzung folgt...
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